5 Fragen und Antworten zum visuellen Brand Refresh von Solid

Seit kurzem präsentiert sich unsere Agentur in neuem Kleid. Wir haben bei Selina, der projektleitenden Creative Directrice unseres Rebrandings, nachgefragt, welche Überlegungen hinter dem neuen visuellen Auftritt von Solid Identities stecken.

1) Mit dem Brand Refresh hat sich der Auftritt von Solid fundamental verändert.
Was hat euch zu dem radikalen Schritt bewogen?

Aus meiner Sicht ist der Schritt gar nicht so radikal, sondern eher eine Evolution des Bestehenden: das Logo blieb unverändert, die Farben sind zwar erweitert worden, basieren aber ebenfalls auf den bereits da gewesenen.

Ausschlaggebend für die Veränderung war vor allem, dass wir uns in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt haben und sich das auch in unserem Auftritt widerspiegeln soll. Zudem haben wir unser bisheriges Corporate Design einem Brand Check unterzogen und dabei festgestellt, dass unsere bestehenden gestalterischen Grundelemente nicht mehr ausreichen bzw. teilweise ungeeignet sind, um alle Bedürfnisse unserer eigenen Kommunikation adäquat abzudecken. Also haben wir unser Design entsprechend überarbeitet und durch weitere Elemente wie beispielsweise einen eigenen Illustrationsstil ergänzt.

Um Solid entsprechend darzustellen, musste eben auch der evolutionäre Schritt auch etwas grösser ausfallen. Und das fühlt sich dann wohl etwas radikaler an, als es effektiv ist.

2) Auf eurer neuen Website dominieren Schwarz und Weiss. Das ist unter Agenturen derzeit sehr «en vogue». Verliert euer Auftritt dadurch nicht an wertvoller Differenzierungskraft?
Stimmt, schwarz-weisse Agenturauftritte sind momentan sehr populär. Dies hat gute Gründe und diese sind nicht nur rein ästhetischer Natur. Als Agentur spielt die Inszenierung der Kundenprojekte eine zentrale Rolle in der Selbstpräsentation und diese sollen maximal zur Geltung kommen. Bei einem zu bunten Agenturauftritt läuft man Gefahr, dass sich die eigenen Farben mit jenen der Kunden-Cases konkurrenzieren und deren Wirkung abschwächen. Das soll nicht sein. Deshalb muss meiner Ansicht nach ein Agenturauftritt immer auch die Möglichkeit bieten sich farblich zurückzuhalten und die Bühne ganz dem Corporate Design des Kunden zu überlassen.

Nichtsdestotrotz spielen Farben, insbesondere das Gelb als dritte Primärfarbe, bei unserem neuen Auftritt noch immer eine grosse Rolle. Wer uns auf Social Media Plattformen folgt, weiss, dass wir die schwarz-weisse Grundfarbigkeit mit lebhaften Farben durchbrechen. Die Farbwelt wird durch ein Senf Gelb, zwei Rottöne und einem kühlen Blauton ergänzt und mit diesem Farbspektrum differenzieren wir uns nach wie vor stark. Aber Farben sind ja nicht das einzige Differenzierungsmerkmal eines Auftritts. Ebenso wichtig für die Unverkennbarkeit des Auftritts sind Elemente wie Typografie und Illustrationsstil. Dies machen wir uns im neuen Auftritt ebenfalls prominent zu nutzen.

3) Die Illustrationen sind im neuen Auftritt sehr präsent. Gleichzeitig werden ausser bei den Kunden-Cases kaum Fotografien eingesetzt. Gibt es dafür einen Grund?
In unserer sehr visuell kommunizierenden Welt sind bildliche Darstellungen sehr präsent und werden wichtiger. In Social Media Kanälen wie Instagram ist ein Bild im Gegensatz zu Text sogar in jedem Post zwingend. Diesen Anforderungen muss unser Corporate Design gerecht werden und Illustrationen helfen uns enorm dabei.

Gewisse Inhalte lassen sich fotografisch nur schwierig darstellen. Dies gilt insbesondere für eher abstrakte oder komplexe Themen. Sollen diese mit Fotografien dargestellt werden, bleibt oft nur der Griff zu Symbolbildern. Der Begriff «Teamwork» zum Beispiel lässt sich durchaus mit Symbolbildern darstellen: Menschen in High-Five-Pose, Bergsteiger-Seilschaften oder gemeinsam im Kanu paddelnde Abenteurer. Diese Metaphern sind naheliegend und werden von Unternehmen entsprechend oft eingesetzt – nicht selten mit den immer gleichen Stock-Bildern. Diese sind oft sehr generisch und austauschbar, was schnell plump wirkt. Und das passt einfach nicht zu Solid.
Der grafische Charakter, die erzählerischen Möglichkeiten von Illustrationen sind uns als Agenturmenschen da deutlich näher. Mit Illustrationen lassen sich auch komplexe Inhalte schlüssig darstellen und charmant erzählen. Dies alles im Stil der jeweiligen Marke. Dies entspricht uns. Deshalb setzen wir auf Illustrationen, die unsere Sprache sprechen und haben sie – passend zu unserer Arbeitsweise bei Solid – immer mit einem kleinen Twist versehen.

4) Du hast die Schrift als weiteres wichtiges Gestaltungselement des neuen Solid Auftritts erwähnt. Reichen eure grafischen Elemente denn nicht, um euch unverkennbar zu machen?
Ein Corporate Design ist als modularer Baukasten zu verstehen, bei dem jedes gestalterische Grundelement – vom Logo über die Farben, Layouts, Icons, Bilder und Illustration bis eben hin zur Schrift – seinen Beitrag zur Gesamtwahrnehmung beitragen kann und muss. Die Rolle der Typografie wurde von Unternehmen dabei viele Jahre unterschätzt und entsprechend vernachlässigt.

Als Branding-Element hat die Typografie den grossen Vorteil, dass sie sich auch dort einsetzen lässt, wo es für den Einsatz anderer markenprägender Gestaltungselemente zu wenig Platz hat oder wo diese sich aus formalen, technischen oder ökonomischen Gründen nur schwer sinnvoll anwenden lassen. Ich denke da beispielsweise an klassische Word-Dokumente aber auch an die Beschriftungen zur Orientierung und Wegführung in Gebäuden. Gerade bei Letzterem ist die Schrift meist die einzige visuelle Vertretung der Marke. Das zeigt was die Schrift so wichtig für einen unverkennbaren Markenauftritt macht.

Für uns war deshalb klar, dass wir im Brand Refresh auch stark auf unsere Schrift setzen wollen. Wir haben mit der «Today Sans» von Elsner+Flake eine wenig bekannte Schrift im Einsatz, die sehr eigenständig und charakterstark ist – vor allem im kursiven Schriftschnitt. Der Bold-Schnitt der Schrift war schon immer die typografische Grundlage unseres Logos.
Neu verwenden wir sie in leichteren Schriftschnitten auch im Lauftext. Dadurch ergibt sich ein facettenreiches und dennoch harmonisches Schriftbild, das unmissverständlich für unsere Agentur steht – auch dort, wo wir die Bühne unseren Kunden-Cases überlassen oder wo wir aus anderen Gründen rein typografisch unterwegs sind.

5) Zum Schluss: welche Learnings nimmst du aus dem visuellen Brand Refresh für Solid mit? Worauf sollten auch andere Unternehmen bei der Überarbeitung ihres Corporate Designs unbedingt achten?
Um in einem Rebranding-Projekt schlank, effizient und wirkungsvoll unterwegs zu sein, ist eine ehrliche und sauber durchgeführte Bedarfsanalyse beim Projektstart etwas vom Entscheidensten. Dabei gibt es verschiedenen Aspekten bewusst Beachtung zu schenken: Wie wollen wir wahrgenommen werden? Was passt zu uns und unserer Positionierung als Unternehmen? Wo wird das Design zum Einsatz kommen? Welche Touchpoints und inhaltlichen Formate müssen mit dem Design bespielbar sein? Was sind die touchpoint- und formatspezifischen Besonderheiten im Bezug auf die Anwendbarkeit von Design-Elementen? Wer wird die Design-Anwendungen letztlich umsetzen? Welche gestalterischen Grundelemente brauchen wir dazu? Was müssen diese leisten?

Ganz generell empfehle ich, ein Corporate Design immer modular zu denken und als System aus verschiedenen, miteinander zusammenspielenden gestalterischen Grundelementen zu verstehen. Das macht den visuellen Auftritt nicht nur flexibel einsetzbar und bei Bedarf gezielt erweiterbar. Es erlaubt auch eine agile Herangehensweise ans Thema Corporate Design Entwicklung: mit einem langfristigen Plan erst mal mit einem MVP-Design starten, das die aktuellen Bedürfnisse hinreichend abdeckt, und den Auftritt dann nach und nach weiterentwickeln. So lässt sich nicht nur der Initialaufwand tief halten. Das fortlaufende, iterative Weiterentwickeln des Designs ermöglicht es auch, sich durch interne oder externe Faktoren verändernde Anforderungen ans Design schnell und gezielt zu adressieren und umzusetzen. So bleibt das Design nicht nur inhaltlich und formal aktuell, sondern auch maximal wirkungsvoll.

Als letzter Tipp noch dies: habt den Mut visionär zu sein und die Beharrlichkeit es auch durchzuziehen. Dazu gehört auch, sich auf unsicheres Terrain zu begeben und sich von Lieb gewonnenem aus der Vergangenheit verabschieden zu können. Das ist zugegebenermassen nicht immer einfach und manchmal auch unangenehm. Aber es lohnt sich!

Danke Selina!